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pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

Internationale Jugendbegegnung des Bundestages

01. Feb 2017

Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus

Aus Anlass des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar lud der Deutsche Bundestag auch in diesem Jahr wieder ca. 80 Jugendliche aus verschiedenen Ländern zu einer Internationalen Jugendbegegnung ein. Thema der Begegnungstage war das nationalsozialistische Euthanasie-Programm. Über die Vermittlung des pax christi-Regionalverband OS/HH konnten drei SchülerInnen des Gymnasiums Marianum in Meppen – Klara Lübbers, Jonah-Mathis Paul und Leon Lonnemann – an der Veranstaltung teilnehmen.

Auf dem Programm der Begegnung vom 23. bis 27. Januar stand unter anderem ein zweitägiger Besuch der Gedenkstätte PirnaSonnenstein. In dem Lager wurden zwischen 1940 und 1941 im Rahmen des Euthanasie-Programms über 14.000 vorwiegend psychisch kranke und geistig behinderte Menschen ermordet.

In Berlin besichtigten die Jugendlichen am 26. Januar die Gedenkstätte »T4«. In der damaligen Tiergartenstraße 4 war zur Zeit der Nationalsozialisten die Bürozentrale für die Leitung der Ermordung behinderter Menschen im gesamten Deutschen Reich untergebracht. Auch mit der Rolle der Charité im Nationalsozialismus, insbesondere der dortigen Psychiatrie und Kinderheilkunde, setzten sich die Jugendlichen auseinander.

Am 27. Januar nehmen sie an der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag und dem anschließenden Podiumsgespräch mit Bundestagspräsident Norbert Lammert, der Autorin Sigrid Falkenstein und dem Philosophen Hartmut Traub, dem Hauptredner der Gedenkstunde, teil.


Foto: Deutscher Bundestag

In der Schule zurück stellten die Jugendlichen ihre Erfahrungen den Schülern des Jahrgangs 10 in einem Vortrag mit Gespräch zur Verfügung. Der Jahrgang 10 war im Rahmen seines Geschichtsunterrichts gerade im Lager Esterwegen gewesen.

Nachfolgend stellt Jonah-Mathis Paul seine Erfahrungen bei der Internationalen Jugendbegegnung des Bundestages in einem persönlichen Bericht vor.

 

 

Jugendbegegnung des Deutschen Bundestages 2017

 

Die Jugendbegegnung des Deutschen Bundestages 2017 war für mich eine besondere Erfahrung, die ich niemals vergessen werde. Die Woche war von gemischten Gefühlen geprägt – von Freude als auch von Trauer. Das Thema „Euthanasie“ war mir bereits durch den Geschichtsunterricht bekannt, aber es wurde lediglich auf zwei Seiten zusammengefasst und dementsprechend war der Informationsgehalt relativ gering. Ich konnte mir konkret nicht viel darunter vorstellen.

Der Begriff „Euthanasie“ bedeutet „schöner Tod“ und wurde euphemistisch von den Nationalsozialisten verwendet, um das Morden in den „Heilanstalten“ zu verschleiern. Als wir in der Gedenkstätte Pirna/Sonnenstein angelangten, wurde uns das wahre Ausmaß der Vernichtungspolitik des NS-Regimes bewusst: 14.751 unschuldige Menschen, darunter psychisch kranke und geistig behinderte Menschen sowie Häftlinge aus Konzentrationslagern wurden Opfer eines industriell-systematischen Massenmordes, welcher an Perversion nicht übertroffen werden kann. Besonders blieb mir der Raum in Erinnerung, in dem die Biographien einiger Opfer auf Tafeln festgehalten worden sind. Als ich mir diese durchlas war ich zutiefst berührt, stellte mir das diese Menschen vor und bemerkte, dass sie mitten im Leben standen und lebensfroh waren. Ich war traurig, aber zugleich verspürte ich so etwas wie Wut in mir. Ich hatte bereits die Konzentrationslager in Buchenwald, Dachau und Bergen-Belsen besucht, aber solch starke Emotionen hatte ich noch nie zuvor.

Die Nationalsozialisten haben das Leben dieser Menschen, darunter auch das von kleinen Kindern, im Zuge ihrer Rassenhygiene vorzeitig beendet, da sie laut der pseudowissenschaftlichen Eugenik „lebensunwert“ gewesen seien und den „gesunden Volkskörper“ verunreinigen würden – sie hatten Gott gespielt und das unter den Augen der deutschen Zivilbevölkerung. Fassungslosigkeit machte sich breit, als wir während der Führung über das Gelände erfuhren, dass die Asche der Opfer auf einem Hang verstreut worden ist, an dessen Fuß zahlreiche Häuser standen. Eine Zeitzeugin habe sogar berichtet, dass sie, wenn Rauch aus dem Schornstein des Krematoriums emporstieg, wusste, sie dürfe draußen keine Wäsche aufhängen. Sie wussten Bescheid, doch ein ernst zu nehmender Widerstand entwickelte sich leider nicht. Doch ich bin von nun an umso mehr entschlossen, Verantwortung für die Vergangenheit zu übernehmen, damit ein solches Unrecht nie wieder geschieht. Das kulturelle Gedächtnis daran muss aufrechterhalten werden und deshalb ist der Gedenktag des Bundestages am 27. Januar enorm wichtig. Insbesondere zu einer Zeit, in der rechtsextremistische Parteien weltweit an Auftrieb gewinnen, müssen sich alle Gesellschaften intensiv mit dem Thema auseinandersetzen und die Geschichte auch als Warnung für die zukünftigen Generationen wahrnehmen. Des Weiteren ist es notwendig, Menschen mit Handicaps zu inkludieren und ihnen gleiche Rechte sowie Chancen zu gewähren – mittendrin statt nur dabei. Jeder von uns weiß, dass kein Mensch perfekt ist und dass jeder Stärken als auch Schwächen hat.

Auf der anderen Seite konnte ich zahlreiche Kontakte mit neuen Jugendlichen aus aller Welt knüpfen und deren Lebensumstände sowie Ansichtsweisen kennenlernen. Es entwickelten sich intensive Debatten und auch ein Disput konnte manchmal aufgrund der unterschiedlichen politischen Meinungen nicht vermieden werden, doch es wurde auch immer wieder gelacht. Vor allem fühlte ich mich schnell wohl und die Atmosphäre war wirklich freundschaftlich, da keiner ausgeschlossen worden ist.

Abschließend würde ich die Woche in Berlin und Pirna als sehr lehrreich und prägend bezeichnen. Ich habe eine Menge Erfahrungen gesammelt und bin fest davon überzeugt, dass ich noch in vielen Jahren davon erzählen werde. Außerdem habe ich mich aufgrund der Jugendbegegnung dazu entschlossen, mich politisch in meiner Umgebung noch mehr zu engagieren.

 

Jonah-Mathis Paul

 

Aktiv